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HILFSTRANSPORT AM ZIEL: Drei Lastwagen von SC 88 Bruchhausen und Diakonie Ettlingen brachten Pakete in die Partnerstadt Gatschina. Im Hintergrund die Kathedrale Pokrofskij Sobor.
"Die „Die Hilfsaktion für unsere Partnerstadt Gatschina ist heute notwendiger denn je"
Transport des SC 88 Bruchhausen und der Diakonie Ettlingen brachte 22 Tonnen Güter für bedürftige Menschen / 3 000 Mark Defizit wegen "Hafengebühr"
„Ich finde, die Zahl der bedürftigen Menschen hat gegenüber unserem letzten Besuch eher zugenommen.“ Dieses Fazit zog Ernst Speck nach der Rückkehr des Hilfstransports des SC 88 Bruchhausen und der Diakonie Ettlingen aus Ettlingens Partnerstadt Gatschina. Zusammen mit Norbert Harms, Jochen und Anni Loh, Thomas Rose, Diakonie-Geschäftsführer Martin Gerhardt hatte er sich am Wochenende des zweiten Advents mit 22 Tonnen Kleidern, Lebensmitteln und Gehhilfen auf den Weg in das winterlich-kalte Rußland gemacht.
Das erste Hindernis auf der 2 500 Kilometer langen Strecke stellte sich bereits wenige Stunden vor der Abfahrt in Ettlingen in den Weg: Die Reederei, die die drei Lastwagen über die Ostsee nach Sankt Petersburg transportieren wollte, teilte per Fax Ernst Speck, Initiator beim SC 88 Bruchhausen, mit, daß mit Benzinmotor betriebene Fahrzeuge keine Chance hätten, nach Rußland hereingelassen zu werden.
Dank der Initiative von Oberbürgermeister Josef Offele gelang es innerhalb einer halben Stunde, eine Ersatzfahrzeug aufzutreiben. So kamen die sechs Ettlinger fast wie geplant aus Mittelbaden weg und erreichten rechtzeitig in Kiel den Abfahrtshafen. Mit der „Anna Karenina“ ging es dann bei ruhiger See und zunehmend kälteren Außentemperaturen Richtung Sankt Petersburg. Trotz Eisgangs erreichte man das „Venedig des Nordens“ fast pünktlich. Die« ganze Hoffnung war nun, daß sie als Hilfstransport zuvorkommend vom Zoll, wie dies auch die russische Botschaft in Bonn bei humanitärer Hilfe verspricht, behandelt werden.
Doch Fehlanzeige: Das Warten von neun Stunden bis zur Abfertigung im Hafen nahm man ohne Murren in Kauf. Anders die neu eingeführte „Hafengebühr“. Die Zöllner hatten sich gegenüber dem letzten Transport etwas Neues einfallen lassen, um an westliche Valuta zu kommen. Erst dann gab es den Stempel für die freie Fahrt nach Gatschina. Schon fast abgefunden hatten sich die sechs Ettlinger damit, daß sie wie die kommerziellen Lastwagen – trotz ordnungsgemäßer Papiere – „Zollgebühr“ entrichten mußten. 1 200 Mark flossen so über den Tisch der Bürokratie, obwohl man ja nicht in geschäftlicher, sondern humanitärer Angelegenheit gekommen war.
In Sankt Petersburg empfing sie eine Delegation der Miliz von Gatschina – Majorin Olga Goloschapowa und Major Alexander Osetrow. Mit Blaulicht ging es dann in rasanter Fahrt, die drei Lastwagen hinterher, über Brücken, an bedeutenden Baudenkmalen wie den Winterpalast oder das Siegesdenkmal vorbei, in die 40 Kilometer entfernte Partnerstadt. Dort wurden sie schon sehnsüchtig von Menschen erwartet. Mit dem Ausladen der Ware war aber zunächst nichts. Denn die Organisatoren des Transports kamen just an einem Feiertag in Gatschina an. Die notwendige zweite Abnahme durch den Zoll verschob sich deshalb um einen Tag.
Auch am darauffolgenden Tag entwickelte sich die Abwicklung zähflüssig. Es fehlte noch ein Papier für die endgültige Freigabe der Ware Im Rathaus von Gatschina wies Bürgermeiste Illijn die Ettlinger an, nach Sankt Petersburg zu fahren, um den fehlenden Stempel zu holen Abends spät war der Transport schließlich frei Mit Unterstützung von Milizangehörigen und der Gemeinde der Paulskathedrale erhielten bei minus 20 Grad Temperatur an Ort und Stelle etwa 150 Menschen direkt an sie adressierte Pakete. Den größeren Teil der Ladung erhielt Pater Wladimir. Er versprach, die Hilfe an Bedürftige seiner Gemeinde in Zusammenarbeit mit dem Sozialamt der Stadt Gatschina zu verteilen.
Die restlichen Kleider und Lebensmittel gingen an ein Kinderheim. In aller Herrgottsfrühe, bevor der Rückweg wieder Richtung Finnland eingeschlagen wurde, verteilten die Ettlinger noch Gehhilfe und Rehageräte an ein Altersheim in Gatschina. „Die Einblicke über die Lebensverhältnisse dort waren bedrückend“, sagt Ernst Speck. Die Menschen lebten dort in den erbärmlichsten Zuständen. Hilfstransporte seien wichtig wie noch nie.
Martin Gerhardt, Geschäftsführer der Diakonie Ettlingen, zog als Resümee der Reise: „Es war sinnvoll und gut, den Hilfstransport zu starten angesichts der materiellen Schwierigkeiten, in denen sich gerade Alte und Kinder in Rußland befinden.“ Bewährt habe sich die Zusammenarbeit zwischen Sportverein und kirchlicher Organisation. Dies sei bisher einmalig im Albgau.
Norbert Harms verwies darauf, daß man noch ein Defizit von 3 000 Mark habe. Dennoch, so Ernst Speck, wolle man auch nächstes Jahr wieder einen Transport organisieren. Das Spendenkonto der Hilfe für Gatschina lautet: Diakonisches Werk bei der Bezirkssparkasse Ettlingen (BLZ 660 512 20), Kontonummer 1031491. Nähere Auskünfte sind auch beim Diakonie-Geschäftsführer Gerhardt unter Telefon (0 72 43) 54 95-0 erhältlich.