Städtepartnerkonferenz in Rothenburg o.T

XI. Deutsch-Russische Städtepartnerkonferenz in Rothenburg o.T.

 

Bundespräsident Christian Wulff zur Eröffnung der XI. Deutsch-Russischen Städtepartnerkonferenz

13.04.2011
Schloss Bellevue

 

Änderungen vorbehalten.
Es gilt das gesprochene Wort.

Ich heiße Sie alle in Schloss Bellevue herzlich willkommen.

Seit Gründung der ersten deutsch-russischen Partnerschaft zwischen Sankt Petersburg, dem damaligen Leningrad, und Hamburg sind gut 54 Jahre vergangen. Viele von uns waren damals noch gar nicht geboren. Diese erste und viele weitere Partnerschaften zeichnen sich heute durch eine enge und vor allem lebendige Beziehung aus, die uns eines zeigt: Die Bürgerinnen und Bürger unserer beiden Länder haben eine beachtliche und über die Jahre belastbare zivilgesellschaftliche Beziehung aufgebaut – vor dem Hintergrund der deutsch-russischen Vergangenheit ist das etwas Wunderbares.

Die meisten Partnerschaften stammen aus der Umbruchzeit Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre. Oft entstanden sie aus humanitären Hilfsprojekten. Seitdem hat sich die Grundlage der Städtepartnerschaften stark gewandelt. Immer deutlicher wird, dass die Verbindungen sich vor allem dann dynamisch entwickeln, wenn sie die Gesellschaft in ihrer ganzen Breite mit einbeziehen: Unzählige Begegnungen zwischen Jugendlichen, der Austausch von Fachkräften, Programme zur Wirtschaftsförderung oder auch Kultur- und Bildungsprojekte stehen heute für die Stärke und Qualität der fast 90 Partnerschaften zwischen unseren Städten.

Ich freue mich, dass heute weitere vier Vereinbarungen von Partnerschaften unterschrieben werden. Das zeigt, wie jung und dynamisch diese Idee ist.
Die vielfältigen Projekte in den Partnerstädten unterstützen vor Ort, in den Kommunen, was unsere Regierungen im Zuge der deutsch-russischen Modernisierungspartnerschaft anstreben: eine enge und freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern.

Lassen Sie mich ein besonders gelungenes Projekt erwähnen: Unsere Zusammenarbeit bei der Bekämpfung und der Prävention von Bränden. Der traurige Anlass dafür waren die verheerenden Waldbrände, die im Sommer 2010 in vielen russischen Regionen wüteten. Die Machtlosigkeit gegenüber der Wucht der Flammen hat viele von uns erschüttert. Seitdem ist ein Netz von Projekten entstanden, die helfen sollen, künftigen Bränden wirksamer zu begegnen. Ich freue mich sehr, dass Staatspräsident Medwedew das deutsche Angebot angenommen hat, beim Aufbau Freiwilliger Feuerwehren in Russland Unterstützung zu leisten. Mein Staatsbesuch in Russland fand in Begleitung des Präsidenten des Deutschen Feuerwehrverbands statt. Die Städtepartnerschaften als bewährte Strukturen der Zusammenarbeit zwischen unseren Bürgerinnen und Bürgern können hier wertvolle Hilfe leisten und die Aktivitäten der Bundesregierung sinnvoll ergänzen.

Städtepartnerschaften bieten durch ihre Projekte auch die Chance, Bürger am Gemeinwesen stärker zu beteiligen. Vor Ort, in den Kommunen, können die Bürgerinnen und Bürger durch ihr Engagement besonders schnell etwas erreichen. Dafür sollten wir den Kommunen mehr eigenen Gestaltungsraum zugestehen. Dies erfordert zunächst Überwindung: Manche fürchten, dass die kommunale Landschaft dadurch unübersichtlich wird. Andere zögern bei der Aussicht auf mehr Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte. Ich möchte Sie ermutigen, auch die Chancen zu sehen: Mit der Rückbesinnung auf die kommunale Eigenverantwortung leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Zukunft der Demokratie. Unmittelbare politische Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement verleihen den Menschen Kraft, sich für ihre eigenen Angelegenheiten einzusetzen. Ich habe in Twer, der Partnerstadt meiner Heimatstadt Osnabrück, vor allem eine Blüte erlebt, als dort vor Ort gewählte Bürgermeister Aufbruchstimmung vermittelten. Geben wir den Städten und Gemeinden mehr Handlungsspielräume, Neues auszuprobieren, sich von bürokratischen Vorgaben freizumachen und dafür auch stärker politische Verantwortung zu übernehmen!

Unsere Staaten und Gesellschaften durchlaufen umfassende demografische Veränderungen. Diesen rechtzeitig zu begegnen erfordert den Mut, für Neues offen zu sein und dabei nachhaltig mit Umwelt und natürlichen Ressourcen umzugehen. Das alles führt uns zu neuen Herausforderungen. Dennoch bin ich überzeugt: Nur wenn sie diesen Mut zum Wandel aufbringen, bleiben unsere Länder als Partner innovativ, offen und wirtschaftsstark.

Ich wünsche der XI. Deutsch-Russischen Städtepartnerkonferenz in Rothenburg ob der Tauber Erfolg und konstruktive Gespräche. Lassen Sie sie zu einem Zeichen werden: für die Stärke unserer freundschaftlichen Beziehungen und für das herzliche Vertrauen zwischen Russen und Deutschen.

 

 

Quelle: Online-Ausgabe der Rothenburger Nachrichten vom 15.04.2011

 

Die deutsch-russische Städtepartner-Konferenz setzt Zeichen

Begegnen und Verstehen sorgt für Gemeinsamkeit

ROTHENBURG – Als 1988 die Städtepartnerschaft mit Susdal besiegelt wurde, konnte man nicht ahnen, dass schon wenige Jahre später der Kalte Krieg beendet und die deutsche Einheit besiegelt würde. Dass inzwischen aus Feinden nach einem furchtbaren Krieg Freunde geworden sind, zeigt eindrucksvoll der Verlauf der 11. Deutsch-russischen Städtepartnerkonferenz, die erstmals in Rothenburg stattfindet und auf der Weichen für ein noch engeres Miteinander gestellt werden.

Die Konferenz mit über 400 Teilnehmern aus rund 70 deutschen und 50 russischen Städten hat bereits am Mittwochmittag im Berliner Schloss Bellevue mit einem Empfang bei Bundespräsident Christian Wulff begonnen, an dem auch eine Rothenburger Abordnung teilnahm, darunter Oberbürgermeister Walter Hartl sowie Bürgermeister Kurt Förster, zugleich auch in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Städtepartnerschaftsvereins mit Susdal.

Der Verein war wesentlich an der Vorbereitung und Ausgestaltung der Konferenz in Rothenburg beteiligt. Spät nachts trafen die Teilnehmer aus Berlin in der Taubertadt ein, wo am Donnerstag um 10 Uhr die Konferenz in der voll besetzten Reichsstadthalle mit einer Begrüßung durch den Oberbürgermeister eröffnet wurde. Walter Hartl hob die enge Beziehung zu den russischen Freunden hervor und sagte, man sei tief beeindruckt von der großen Herzlichkeit der Russen bei Besuchen aus Rothenburg.

Der Botschafter der Russischen Föderation, Wladimir M. Grinin würdigte die Leistung der Rothenburger, denn aus den Ruinen sei „diese Perle des Mittelalters“ entstanden. Man wisse in Russland was das heiße, denn beide Völker hätten aus dem fürchterlichen Gemetzel des Krieges den richtigen Schluss gezogen. Das treffen zeige, dass der schwierige Weg der Versöhnung erfolgreich beschritten werde. Dafür sorgten vor allem die direkten, persönlichen Kontakte, es seien die Gemeinden mit ihren Partnerschaften, die dafür die Basis böten. Auch die Blumenkränze auf den sowjetischen Gräbern in Deutschland seien dazu ein Beitrag.

Zu den kommunalen Impulsen für die Modernisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Kommunalverwaltung (so lautet das Motto der Tagung) gehörten viele konkrete Projekte, so zum Beispiel die Zusammenarbeit von Ärzten. Man könne aus den kommunalen Erfahrungen deutscher Städte vieles für die Problemlösungen in Russland lernen. Russland sei ein Land mit unvorstellbarem Potenzial, allein Moskau zähle über 12 Millionen Einwohner. Der Botschafter sieht die deutsch-russische Entwicklung sehr zuversichtlich.

 

 

Rothenburg wieder einmal im Blickpunkt einer gewichtigen Tagung, wobei in der Reichsstadthalle die Ansprachen simultan übersetzt wurden.  

Ein weiteres Grußwort kam von Landtagsvizepräsident Reinhold Bocklet, der im Zusammenhang mit den Städtepartnerschaften (es gibt über hundert) von der größten Bürgerbewegung Europas sprach. Man sei für zwei Jahrzehnte des Miteinanders dankbar und allein aus Bayern seien 800 Firmen in Moskau aktiv, Russland sei der wichtigste Handelspartner. Auch in Wissenschaft und Forschung sowie in der Kultur bestehe ein enger Austausch. Früher sei man sich in Feindschaft gegenübergestanden, heute seien Partner und Freunde daraus geworden, hob der Politiker hervor. Nichts sei wertvoller als menschliche Beziehungen meinte Bocklet und schloss: „Lassen sie uns gemeinsam arbeiten für die deutsch-russische Zukunft in Frieden und Freiheit!“

Mit Lothar de Maiziere ergriff der ehemals erste demokratisch gewählte und zugleich letzte Ministerpräsident der DDR das Wort. Er freute sich über die große Resonanz, die zeige, dass die kommunalen Partnerschaften nicht nur auf dem Papier stünden, sondern mit Leben erfüllt seien. Sie förderten Vertrauen und Verständnis durch „Arbeit an der Basis von Menschen zu Menschen“. Von Jugendaustausch und Sprachförderung bis zur Zusammenarbeit im Katastrophenschutz reiche die Palette der Themen. Auch Fragen der Rechtsstaatlichkeit würden behandelt. Mit Blick auf die deutsch-französischen Partnerschaften seien es noch zu wenige mit Russland und es gäbe noch einiges zu tun. De Maziere ermunterte Städte zu Partnerschaften mit russischen Partnern. Der Politiker ist Vorsitzender des Lenkungsausschusses des sogenannten Petersburger Dialogs.

In den weiteren Ansprachen wurden die verschiedenen Aspekte der Zusammenarbeit betont. Eine russische Beauftragte hob die Bildungsaufgaben hervor und sieht es als hilfreich an, dass man Kollegen zum Erfahrungsaustausch einladen könne. Durch Freundschaften ließen sich Beziehungen verbessern und letztlich Konflikte auch im politischen Umfeld vermindern. Der Koordinator für die Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt, Dr. Schockenhoff, sieht in der Konferenz Chancen für neue, fruchtbare Kontakte. Die Menschen in deutschen und russischen Städten hätten dieselben Bedürfnisse und Interessen.

Der Vizepräsident der Moskauer Vereinigung für Partnerstädte sieht dramatische Entwicklungen in der modernen Welt und grundlegende Probleme müsse man gemeinsam lösen. Sergey Paramonow redete einer strategischen Partnerschaft mit Deutschland das Wort, der zivilgesellschaftliche Dialog müsse „Dividenden erbringen“. Er und auch andere Redner dankten immer wieder dem Oberbürgermeister und allen, die an der Organisaton vor Ort beteiligt waren, vor allem dem hiesigen Partnerschaftsverein. Ein Lob gab es auch mehrmals auf „die wunderbare mittelalterliche Stadt“, in der man sich sehr wohl fühle.
Auch Peter Franke vom Bundesverband Deutscher West-Ost-Gesellschaften e.V. dankte dem Partnerschaftsverein mit Susdal. Angesichts der Leiden, die Deutsche dem russischen Volk zugefügt hätten, sei es eine beeindruckende Entwicklung zur Zusammenarbeit. Der Stiftungsvorsitzende für West-Östliche Begegnungen, Dr. Domke, erwähnte das Leitmotiv „Begegnen und Verstehen“, das gerade in der Tradition der Städtepartnerschaften Ausdruck finde.

Dr. Ernst-Jörg von Studnitz, Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums, hatte durch die Veranstaltung geführt und dankte abschließend nochmals ausdrücklich nicht nur der Stadt, sondern auch allen Sponsoren. Besonders erwähnt wurden dabei die örtlichen Unternehmen Electrolux und Käthe Wohlfahrt sowie die fränkische Firma Knauf. Sponsoren aus der Wirtschaft leisteten einen wichtigen Beitrag zur politischen Verständigung.

In der Reichsstadthalle bot sich in Form zahlreicher Informationsstände zu Partnerschaften mit Russland und zur Zusammenarbeit auf vielen Gebieten ein „Markt der Möglichkeiten“, wie es im Programm hieß. Der Nachmittag war den Arbeitsgruppen gewidmet, die sich in der Johanniterscheune, im „Eisenhut“, im „Alten Brauhaus“ und in der Reichsstadthalle trafen. Dabei ging es um die Themen „Verwaltung und Zivilgesellschaft“, um innovative Kommunalverwaltung sowie um die Partnerschaft im Brand- und Katastrophenschutz.
Aber auch „Jugendaustausch und Sprachförderung“ wurden in einem Arbeitskreis behandelt. Und sogar dem Stadtmarketing hat man eine Arbeitsgruppe gewidmet, denn der Handel hat in Rußland wie in Deutschland sehr viele Berührungspunkte, wenn es um die bekannten Probleme geht.

Noch vor der Mittagspause waren die wichtigsten Persönlichkeiten mit den bereitstehenden Aaglander-Kutschen von der Halle zum Rathaus gefahren worden, wo im Sitzungssaal der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt erfolgte. Am Abend traf man sich in geselliger Runde beim Empfang im Gewölbe und Lichthof des Rathauses bei leider nicht so gut geeigneter Witterung.

Die Abschlussveranstaltung findet am Freitag mit der Präsentation der Arbeitsgruppen-Ergebnisse in der Reichsstadthalle statt und um 14.30 Uhr besteht Gelegenheit zu einem geführten Stadtrundgang, ehe die Teilnehmer abreisen. 2013 ist die Konferenz in Uljanowsk geplant.


Deutsch-russische Städtepartnerkonferenz: konkrete Zusammenarbeit an der Basis

„Diese Stadt hat begeistert“

ROTHENBURG – Die 11. Deutsch-russische Städtepartnerkonferenz in Rothenburg werde der Zusammenarbeit beider Länder einen weiteren deutlichen Impuls geben. Davon zeigten sich die Teilnehmer aus 50 russischen und 70 deutschen Städten sowie verschiedener Organisationen abschließend überzeugt. Die Arbeitskreis-Berichte verdeutlichten, dass die Verständigung und Zusammenarbeit in unzähligen konkreten Projekten stattfindet. Große Anerkennung und immer wieder Lob bekam die Stadt für ihre Gastgeberrolle.

„Wir sind beeindruckt, diese Stadt mit ihren 11300 Einwohnern hat uns begeistert!“ sagte Bürgermeister Alexander Pinkow, der in seinen Worten zum Abschluss der Tagung das ausdrückte, was schon am Vorabend beim Empfang mehrfach gesagt wurde. Man bewundere, wie hier die Geschichte und Tradition bewahrt werden und dass eine kleine Stadt die internationale Konferenz „auf so hohem Niveau“ durchgeführt habe. Alexander Pinkow sprach als künftiger Gastgeber, denn in seiner Stadt Uljanowsk an der Wolga (rund 600000 Einwohner) findet die 12. Städtepartnerkonferenz 2013 statt.

Zu den unvergesslichen Eindrücken gehörte vor allem das gelungene Arrangement eines historischen Empfangs am Donnerstagabend im Kaisersaal und danach im Lichthof sowie dem Gewölbe und auf dem dafür für die Passanten gesperrten Grünen Markt. Das Festspiel „Der Meistertrunk“ hatte sogar für eine kleine Feldlager-Szenerie gesorgt und die über 400 Gäste mit Suppen, Gegrilltem, Leberkäse und Kartoffelsalat aus der Feldküche bestens versorgt. Groß war die Überraschung, als man vom Kaisersaal die Treppe zum Innenhof hinabging und dort von den singenden Marketenderinnen empfangen wurde. Das veranlasste manchen Teilnehmer gleich mit den Damen beim Glas Wein anzustoßen. Harald Köhler hatte das ganze Geschehen ähnlich wie bei der Stadtmosphäre in farbenprächtiges Licht getaucht und die mittelalterliche Umgebung versetzte die Gäste ein bisschen in vergangene Zeiten zurück. Allenthalben hörte man durch die Dolmetscher anerkennende Worte über die gelungene Veranstaltung, wobei wohl die viel gerühmte „russische Seele“ angesprochen wurde, denn man liebt das Verwurzeltsein in der großen Geschichte.

Eigentlich sollte es im Kaisersaal zum Auftakt nur eine kurze Eröffnung mit wenig Ansprachen geben, aber dann wurde doch eine Stunde daraus, die geprägt war von Danksagungen und nicht enden wollenden Geschenk-Übergaben an die Stadt, aber auch an verdiente Persönlichkeiten der deutsch-russischen Verständigung aus den entsprechenden Organisationen. Oberbürgermeister Hartl fü hrte in Rothenburgs Historie ein und ließ den Meistertrunkhumpen kredenzen, wobei sich einige Russen als äußerst trinkfest erwiesen.

Sergej Paramonow, Vizepräsident der russischen Städtepartner-Organisation aus Moskau, dankte im Kaisersaal dem Land Bayern und der Stadt Rothenburg, deren Einwohner einen großen Applaus verdient hätten, wie er sagte. Die Konferenz lasse hoffen, dass sie „Einfluss auf die gesamten russisch-deutschen Beziehungen habe“, wobei es auch um ein vereintes Europa gehe. Die Bürgermeisterin der Partnerstadt Susdal, Olga Gusewa, hob die Qualität der vor 23 Jahren begründeten Städteverbindung hervor. Hier hätten sich schon die Gefühle in vielen Begegnungen der Familien zu „wahrer Liebe entwickelt“. Alexander Urban zeichnete von Studnitz und Dr. Helmut Domke als Persönlichkeiten aus, die sich um die Mitmenschlichkeit verdient gemacht haben (im Zusammenhang mit aus dem KZ befreiten Kindern).

Der frühere Botschafter Dr. Ernst-Jörg von Studnitz (Vorsitzender des Deutsch-russischen Forums) sagte im Kaisersaal, in dem kaum die Stehplätze ausreichten: „Diese Konferenz lebt von der Seele dieser Stadt!“ Man könne sich nicht vorstellen wie die hier spürbare Herzlichkeit noch zu übertreffen wäre. Von Rothenburg gehe „ein großer Impuls für die deutsch-russischen Beziehungen aus“. Oberbürgermeister Walter Hartl sagte, man sei stolz darauf, die Konferenz hier abhalten zu können.

Der Plenumsbericht aus den fünf Arbeitskreisen am Freitagvormittag in der Reichsstadthalle machte deutlich, wie sehr man in konkreten Projekten zusammenarbeitet. Aber es wurde auch deutlich, dass die rund hundert Städtepartnerschaften mit Russland noch viel zu wenig sind, wenn man es zum Beispiel an Frankreich misst. Freilich ist die deutsch-französische Aussöhnung um Jahrzehnte älter. Aus der Arbeitsgruppe „Verwaltung und Zivilgesellschaft“ war von Sprecherin Grigorijewa zu hören, dass man die Städtepartnerschaften auch als Wirtschaftsfaktor sehen müsse. Wichtig sei in allen Feldern, dass die Entwicklung „von unten“, also von der Basis komme. In der Gruppe 2 zur Innovation in der Verwaltung ging es auch um Fragen der Internetnutzung und um Abbau von Bürokratisierung wie sie in beiden Ländern vorhanden ist, wie Walter Leitermann als Sprecher betonte. Ein Bereich war auch die Abfallwirtschaft, wobei man hier in Deutschland sehr weit fortgeschritten ist. Sehr praktisch geht es bereits in vielen Städteverbindungen beim Katastrophenschutz zu, der dritten Arbeitsgruppe. Angesichts der großen Waldbrände in Russland ein wichtiges Feld. Anna Schmidt, Sprecherin der Arbeitsgruppe aus Wolgograd (früher Stalingrad) plädiert für den Aufbau einer freiwilligen Feuerwehr-Organisation in Russland, wobei man sich am deutschen Vorbild orientiert.

An der finanziellen Ausstattung scheitern oft Jugendaustauschprogramme, hier sieht der 4. Arbeitskreis auch die Politik gefordert. Peter Franke, Vorsitzender der West-Ost-Gesellschaften e.V. unterstreicht wie wichtig es ist, dass man gegenseitig die Sprache lernt. Deutsch als Fremdsprache könnte in Russland noch besser gefragt sein.

Im 5. Arbeitskreis befasste man sich mit Fragen des Stadtmanagements, wobei auch das Thema der Märkte auf der grünen Wiese bei verödenden Innenstädten angesprochen wurde, wozu Oberbürgermeister Hartl aus der Erfahrung sprach.
Gegen Mittag wurde die Städtepartnerschaftskonferenz, die bereits am Mittwoch in Berlin begonnen hatte und sich in Rothenburg zwei Tage lang fortsetzte, offiziell beendet. Im Hotel „Rappen“ gab es für die Teilnehmer noch einen abschließenden kleinen Empfang und nachmittags nutzten noch etliche das Angebot zum Rundgang mit dem Stadtführer.

Die Tagung hat gezeigt, welchen Stellenwert Rothenburg als Kleinstadt im Rahmen der Städtepartnerschaften mit Russland einnimmt. Da erweist sich die Initiative des früheren Oberbürgermeisters Oskar Schubart als sehr fruchtbringend und sinnvoll – dabei hatte er schon zu Zeiten des noch andauernden kalten Krieges die Fühler ausgestreckt und als Kriegsteilnehmer mit Russland-Erfahrung einen besonderen persönlichen Bezug.

XI. Deutsch-Russische Städtepartnerkonferenz in Rothenburg o.T.

Quelle: Online-Ausgabe der Rothenburger Nachrichten vom 15.04.2011

Die deutsch-russische Städtepartner-Konferenz setzt Zeichen

Begegnen und Verstehen sorgt für Gemeinsamkeit

ROTHENBURG – Als 1988 die Städtepartnerschaft mit Susdal besiegelt wurde, konnte man nicht ahnen, dass schon wenige Jahre später der Kalte Krieg beendet und die deutsche Einheit besiegelt würde. Dass inzwischen aus Feinden nach einem furchtbaren Krieg Freunde geworden sind, zeigt eindrucksvoll der Verlauf der 11. Deutsch-russischen Städtepartnerkonferenz, die erstmals in Rothenburg stattfindet und auf der Weichen für ein noch engeres Miteinander gestellt werden.

Die Konferenz mit über 400 Teilnehmern aus rund 70 deutschen und 50 russischen Städten hat bereits am Mittwochmittag im Berliner Schloss Bellevue mit einem Empfang bei Bundespräsident Christian Wulff begonnen, an dem auch eine Rothenburger Abordnung teilnahm, darunter Oberbürgermeister Walter Hartl sowie Bürgermeister Kurt Förster, zugleich auch in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Städtepartnerschaftsvereins mit Susdal.

Der Verein war wesentlich an der Vorbereitung und Ausgestaltung der Konferenz in Rothenburg beteiligt. Spät nachts trafen die Teilnehmer aus Berlin in der Taubertadt ein, wo am Donnerstag um 10 Uhr die Konferenz in der voll besetzten Reichsstadthalle mit einer Begrüßung durch den Oberbürgermeister eröffnet wurde. Walter Hartl hob die enge Beziehung zu den russischen Freunden hervor und sagte, man sei tief beeindruckt von der großen Herzlichkeit der Russen bei Besuchen aus Rothenburg.

Der Botschafter der Russischen Föderation, Wladimir M. Grinin würdigte die Leistung der Rothenburger, denn aus den Ruinen sei „diese Perle des Mittelalters“ entstanden. Man wisse in Russland was das heiße, denn beide Völker hätten aus dem fürchterlichen Gemetzel des Krieges den richtigen Schluss gezogen. Das treffen zeige, dass der schwierige Weg der Versöhnung erfolgreich beschritten werde. Dafür sorgten vor allem die direkten, persönlichen Kontakte, es seien die Gemeinden mit ihren Partnerschaften, die dafür die Basis böten. Auch die Blumenkränze auf den sowjetischen Gräbern in Deutschland seien dazu ein Beitrag.

Zu den kommunalen Impulsen für die Modernisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Kommunalverwaltung (so lautet das Motto der Tagung) gehörten viele konkrete Projekte, so zum Beispiel die Zusammenarbeit von Ärzten. Man könne aus den kommunalen Erfahrungen deutscher Städte vieles für die Problemlösungen in Russland lernen. Russland sei ein Land mit unvorstellbarem Potenzial, allein Moskau zähle über 12 Millionen Einwohner. Der Botschafter sieht die deutsch-russische Entwicklung sehr zuversichtlich.


Rothenburg wieder einmal im Blickpunkt einer gewichtigen Tagung, wobei in der Reichsstadthalle die Ansprachen simultan übersetzt wurden. 

Ein weiteres Grußwort kam von Landtagsvizepräsident Reinhold Bocklet, der im Zusammenhang mit den Städtepartnerschaften (es gibt über hundert) von der größten Bürgerbewegung Europas sprach. Man sei für zwei Jahrzehnte des Miteinanders dankbar und allein aus Bayern seien 800 Firmen in Moskau aktiv, Russland sei der wichtigste Handelspartner. Auch in Wissenschaft und Forschung sowie in der Kultur bestehe ein enger Austausch. Früher sei man sich in Feindschaft gegenübergestanden, heute seien Partner und Freunde daraus geworden, hob der Politiker hervor. Nichts sei wertvoller als menschliche Beziehungen meinte Bocklet und schloss: „Lassen sie uns gemeinsam arbeiten für die deutsch-russische Zukunft in Frieden und Freiheit!“

Mit Lothar de Maiziere ergriff der ehemals erste demokratisch gewählte und zugleich letzte Ministerpräsident der DDR das Wort. Er freute sich über die große Resonanz, die zeige, dass die kommunalen Partnerschaften nicht nur auf dem Papier stünden, sondern mit Leben erfüllt seien. Sie förderten Vertrauen und Verständnis durch „Arbeit an der Basis von Menschen zu Menschen“. Von Jugendaustausch und Sprachförderung bis zur Zusammenarbeit im Katastrophenschutz reiche die Palette der Themen. Auch Fragen der Rechtsstaatlichkeit würden behandelt. Mit Blick auf die deutsch-französischen Partnerschaften seien es noch zu wenige mit Russland und es gäbe noch einiges zu tun. De Maziere ermunterte Städte zu Partnerschaften mit russischen Partnern. Der Politiker ist Vorsitzender des Lenkungsausschusses des sogenannten Petersburger Dialogs.

In den weiteren Ansprachen wurden die verschiedenen Aspekte der Zusammenarbeit betont. Eine russische Beauftragte hob die Bildungsaufgaben hervor und sieht es als hilfreich an, dass man Kollegen zum Erfahrungsaustausch einladen könne. Durch Freundschaften ließen sich Beziehungen verbessern und letztlich Konflikte auch im politischen Umfeld vermindern. Der Koordinator für die Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt, Dr. Schockenhoff, sieht in der Konferenz Chancen für neue, fruchtbare Kontakte. Die Menschen in deutschen und russischen Städten hätten dieselben Bedürfnisse und Interessen.

Der Vizepräsident der Moskauer Vereinigung für Partnerstädte sieht dramatische Entwicklungen in der modernen Welt und grundlegende Probleme müsse man gemeinsam lösen. Sergey Paramonow redete einer strategischen Partnerschaft mit Deutschland das Wort, der zivilgesellschaftliche Dialog müsse „Dividenden erbringen“. Er und auch andere Redner dankten immer wieder dem Oberbürgermeister und allen, die an der Organisaton vor Ort beteiligt waren, vor allem dem hiesigen Partnerschaftsverein. Ein Lob gab es auch mehrmals auf „die wunderbare mittelalterliche Stadt“, in der man sich sehr wohl fühle.
Auch Peter Franke vom Bundesverband Deutscher West-Ost-Gesellschaften e.V. dankte dem Partnerschaftsverein mit Susdal. Angesichts der Leiden, die Deutsche dem russischen Volk zugefügt hätten, sei es eine beeindruckende Entwicklung zur Zusammenarbeit. Der Stiftungsvorsitzende für West-Östliche Begegnungen, Dr. Domke, erwähnte das Leitmotiv „Begegnen und Verstehen“, das gerade in der Tradition der Städtepartnerschaften Ausdruck finde.

Dr. Ernst-Jörg von Studnitz, Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums, hatte durch die Veranstaltung geführt und dankte abschließend nochmals ausdrücklich nicht nur der Stadt, sondern auch allen Sponsoren. Besonders erwähnt wurden dabei die örtlichen Unternehmen Electrolux und Käthe Wohlfahrt sowie die fränkische Firma Knauf. Sponsoren aus der Wirtschaft leisteten einen wichtigen Beitrag zur politischen Verständigung.

In der Reichsstadthalle bot sich in Form zahlreicher Informationsstände zu Partnerschaften mit Russland und zur Zusammenarbeit auf vielen Gebieten ein „Markt der Möglichkeiten“, wie es im Programm hieß. Der Nachmittag war den Arbeitsgruppen gewidmet, die sich in der Johanniterscheune, im „Eisenhut“, im „Alten Brauhaus“ und in der Reichsstadthalle trafen. Dabei ging es um die Themen „Verwaltung und Zivilgesellschaft“, um innovative Kommunalverwaltung sowie um die Partnerschaft im Brand- und Katastrophenschutz.
Aber auch „Jugendaustausch und Sprachförderung“ wurden in einem Arbeitskreis behandelt. Und sogar dem Stadtmarketing hat man eine Arbeitsgruppe gewidmet, denn der Handel hat in Rußland wie in Deutschland sehr viele Berührungspunkte, wenn es um die bekannten Probleme geht.

Noch vor der Mittagspause waren die wichtigsten Persönlichkeiten mit den bereitstehenden Aaglander-Kutschen von der Halle zum Rathaus gefahren worden, wo im Sitzungssaal der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt erfolgte. Am Abend traf man sich in geselliger Runde beim Empfang im Gewölbe und Lichthof des Rathauses bei leider nicht so gut geeigneter Witterung.

Die Abschlussveranstaltung findet am Freitag mit der Präsentation der Arbeitsgruppen-Ergebnisse in der Reichsstadthalle statt und um 14.30 Uhr besteht Gelegenheit zu einem geführten Stadtrundgang, ehe die Teilnehmer abreisen. 2013 ist die Konferenz in Uljanowsk geplant.

Nach oben scrollen