Städtepartnerkonferenz in Düren

Mehr als 800 Deutsche und Russen tauschen sich in Düren aus

Städtepartnerkonferenzen finden alle zwei Jahre abwechselnd in Russland und Deutschland statt. Ihr Ziel besteht darin, die Perspektiven für eine intensivere Zusam­menarbeit auf regionaler und kommunaler Ebene sowie neue Kooperationsmöglichkei­ten zwischen Nichtregierungsorganisatio­nen und Kommunen auszubauen. Vor zwei Jahren war die russische Stadt Krasnodar der Gastgeber. Dieses Jahr kamen fast 300 aktive Lokalpolitiker und Vertreter der Zi­vilgesellschaft aus Russland in den Kreis Düren, darunter die Leiterin der Verwaltung des Kreises Gatschina Elena Ljubuschkina, ihre Stellvertreterin Elena Faraonowa und die Deutsch-Lehrerin Irina Elagina.

Die Konferenz wurde am Dienstag im Krö­nungssaal des Aachener Rathauses feierlich eröffnet. Trotz der glühenden Hitze waren am Abend mehr als 700 Gäste versammelt. In seiner Eröffnungsrede vermied der Mi­nisterpräsident des Landes Nordrhein­Westfalen Armin Laschet die „wunden Punkte“ in der deutsch-russischen Bezie­hung anzusprechen und unterstrich die Gemeinsamkeiten. Der Sonderbeauftragte des Präsidenten der Russischen Föderation für internationale kulturelle Zusammenar­beit Michail Schwydkoj sah das strahlende Sommerwetter als Omen für die zukünftigen deutsch-russischen Beziehungen. Der Höhe­punkt des Abends war die Unterzeichnung eines weiteren Partnerschaftsvertrages zwi­schen Heilbronn und Noworossijsk. Inzwi­schen gibt es 112 Partnerschaften zwischen deutschen und russischen Städten.

Am Mittwoch ging die Konferenz mit einer lebhaften und hochkarätig besetzten Podi­umsdiskussion „Quo vadis deutsch-russische Beziehungen?“ weiter. Visafreiheit zwischen den beiden Ländern und die Krimfrage stan­den dabei im Mittelpunkt. Die bekannte Jour­nalistin Gabriele Krone-Schmalz kritisierte, dass das Thema „Krim“ tabuisiert ist. „Man sollte doch Realitäten zur Kenntnis nehmen und zumindest darüber reden“, sagte sie.

In der anschließenden Pressekonferenz be­tonte Wolfgang Spelthahn, Landrat des Krei­ses Düren: „Die heutige Debatte hat gezeigt, dass man sich auf hohem Niveau positiv mit­einander auseinandersetzen kann. Und wenn hier in Düren, tief im Westen der Republik, viele Hunderte Menschen sich treffen und kreativ unter dem Motto „Quo vadis“ disku­tieren, dann kann es kein besseres Zeichen für Freundschaft zwischen Deutschland und Russland und Völkerverständigung geben“. Der Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums Mathias Platzeck lobte die Qualität der Tagung und die „Offenheit der Diskussio­nen“, in der „ohne Scheu“ Meinungen geäu­ßert werden. Dies sei in solchen Foren keine Selbstverständlichkeit. Dass man eine sol­che Veranstaltung dort macht, wo die Nie­derlande und Belgien fast „im Fußmarsch“ zu erreichen sind, sei ein gutes Zeichen da­für, dass die Zukunft Europas ohne Russland nicht denkbar sei, so Platzeck.

Nächstes Jahr wird sowohl der 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges gefeiert, als auch der 30. Jahrestag der Wiederver­einigung Deutschlands. Während der Podi­umsdiskussion wurde der Gedanke geäußert, den 8. Mai als offiziellen Gedenktag über die Befreiung vom Faschismus in den deutschen Kalender einzuführen. Mathias Platzeck hat diese Idee begrüßt. In einigen ostdeut­schen Bundesländern hat man so einen Ge­denktag schon eingeführt. Platzeck zitierte den berühmten Satz von Willy Brandt: „Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts“. Es sei ganz deutlich zum Ausdruck gekommen, dass die Friedenspoli­tik und die Abrüstungspolitik Kernthemen der Politik der nächsten Jahre sein sollten. „Was nützen alle zivilgesellschaftlichen Bemühungen auf allen Ebenen, wenn die Möglichkeit nicht mehr da ist im Frieden zu leben“. Er plädierte auch für eine deut­liche Erleichterung der Visaregime zwischen Deutschland und Russland.

Anschließend trafen sich über 700 Vertreter von Städten und Gemeinden, zivilgesell­schaftlichen Organisationen, Politik und Wirtschaft in sieben Arbeitsgruppen, um sich über solche Themen wie energieeffi­ziente und nachhaltige Stadtentwicklung, digitale Stadt, kommunale Kooperationen, Gesundheit oder Inklusion und Teilhabe zu diskutieren und über die Praxis der kommu­nalen Zusammenarbeit auszutauschen.

Zivilgesellschaft gestaltet Städtepartnerschaften

An der Deutsch-Russischen Städtepartnerkonferenz in Düren nahm der Stadtrat von Coventry, Abdul Khan teil und berichtete über die Städtepartnerschaften von Coventry.
Die Stadt Coventry legt großen Wert auf Partnerschaften mit anderen Städten, als Kernstück ihrer internationalen Beziehungen. Coventry ist eine der ersten beiden Partnerstädte der Welt. 1944 trat sie in eine Partnerschaft mit der Stadt Stalingrad (heute Wolgograd) ein. Der Wunsch, während der Schlacht um Stalingrad Solidarität mit der Roten Armee zu demonstrieren, war die Hauptmotivation für diesen Schritt, welcher bei der Bevölkerung Coventrys starke Unterstützung fand.
Heute unterhält Coventry mit 26 Städten weltweit partnerschaftliche Beziehungen, keine andere britische Stadt hat so viel
Enthusiasmus für Städtepartnerschaften gezeigt. Zwar existieren einige Partnerschaften nur noch auf dem Papier, andere aber werden regelmäßig durch Delegationsbesuche, sportliche und kulturelle Begegnungen beziehungsweise gemeinsame Projekte unterstützt und entwickelt.
Bei der Wahl von Städtepartnerschaften Coventrys spielten oft Solidaritätsgefühle verschiedener Art eine Rolle, auch wenn sie selten der einzige Grund waren. Nachdem die Kathedrale von Coventry in der Nacht des 14. Novembers 1940 durch die deutsche Luftwaffe schwer bombardiert worden war, entstand nach dem Zweiten Weltkrieg in weiten Teilen der Bevölkerung der Wunsch, die Ruine der zerbombten Kathedrale, deren Neubau sowie die Stadt Coventry als Symbol des Friedens und der Versöhnung zu etablieren.
In diesem Sinne handelten auch immer wieder die Stadträte von Coventry. So wurden die ersten Partnerschaften nach dem Zweiten Weltkrieg mit Orten geschlossen, die auch schwere Kriegsschäden erlitten hatten, oder gar stark zerstörte Städte ehemaliger Feinde waren. Beispiele sind das von der SS vernichtete tschechische Dorf Lidice, nach dem ein Platz in der Stadtmitte Coventrys benannt worden ist, und die norddeutsche Hafenstadt Kiel.


Offizielle Eröffnung des 3. Jugendforums deutsch-russischer Städtepartnerschaften im Kreishaus Düren.Das Jugendforum wird veranstaltet vom Deutsch-Russisches Forum e.V., der Stiftung Deutsch – Russischer Jugendaustausch, dem russischen Koordinierungsbüro für den Jugendaustausch mit der Bundesrepublik Deutschland und dem Kreis Düren. Die Veranstaltung wird gefördert vom Auswärtiges Amt und dem Ministerium für Wissenschaft und Hochschulbildung der Russischen Föderation.

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