Hoffnungen ruhen auf dem neuen vorsitzenden

Deutsch-Russische Gesellschaft kehrt in das gesellschaftliche Leben der Stadt zurück

Ettlingen (jcw). Nach fast zwei Jahren Inaktivität ist die Deutsch-Russische Gesellschaft Ettlingen (DRG) wieder zurück im gesell­schaftlichen Leben. Mit dem neuen Vorsitzern den Gerhard Laier hofft die Organisation, an Erfolge der Anfangsjahre des Vereins anknüpfen zu können.

Damals im Zeichen von Perestroika und der Wende gab es in Ettlingen eine große Euphorie für Russland. Scharenweise traten Gemeinde­räte und andere wichtige Persönlichkeiten des Ettlinger öffentlichen Lebens in die Gesell­schaft ein. So war es relativ leicht, im Gemein­derat die Zustimmung zur Partnerschaft mit dem russischen Gatschina zu gewinnen. Die Initiative dafür ging nicht zuletzt auf Rüdiger Dierkesmann, den damaligen Vorsitzenden der DRG, zurück, andererseits trug er mit dazu da­bei, dass zuletzt das Leben in der Gesellschaft einschlief.

Zwei Jahre lang wurden laut dem stellvertre­tenden Vorsitzenden Eugen Faas nicht einmal Mitgliederversammlungen einberufen und gar auf den Einzug der Mitgliedsbeiträge verzichtet Mit Gerhard Laier, ehemaliger Entwick­lungsingenieur bei Siemens, soll der Verein re­strukturiert und der Gesellschaft neues Leben eingehaucht werden. So wird es ab sofort jeden dritten Dienstag im Monat ab 19 Uhr im Res­taurant „Philippi“ (Keglerheim) einen Stamm­tisch geben.

Zum 10-jährigen Bestehen der Städtepart­nerschaft Gatschina-Ettlingen vom 18. bis 20. Oktober will die Gesellschaft bei den Feierlich­keiten in Ettlingen präsent sein und Gäste be­treuen. Kürzlich war Gerhard Laier in Gat­schina, um sich vorzustellen und mit dem dor­tigen Chef der Russisch-Deutschen Gesell­schaft Vladimir Mejer Gespräche zu führen.

Neu anstoßen möchte die Gesellschaft das Interesse an Russisch. So will sie für einen An­fängerkurs werben, den die Volkshochschule mittwochs von 17 Uhr bis 18.30 Uhr anbietet.

Zwei Vorträge in Zusammenarbeit mit der VHS sollen den Zugang zu russischer Ge­schichte und Kultur erleichtern. So wird der ehemalige Museumsleiter Hanno Hafner am Donnerstag, 14. November, 20 Uhr, einen Diavortrag zum Thema „Kirchen und Klöster im alten Russland“ halten. Sieben Tage später wird Daniela Maier, Museum Ettlingen, über „Das große Experiment – Russische Avantgar­dekunst 1915 bis 1932“ sprechen.

Deutsch-russische Gesellschaft
Woche der deutschen Kultur in Gatschina

Ende September startete eine Mini Gruppe aus Ettlingen zum Besuch der “Woche der deutschen Kultur”.
Die Zoll- und Visumformalitäten waren rasch abgewickelt und sie wurde von einer Delegation der Russisch-Deutschen Gesellschaft unter Lei­tung des Vorsitzenden Vladimir Maier emp­fangen. Mit dem vereinseigenen Kleinbus (gestiftet von der Firma Stoppanski und der Stadt Ettlingen) erreichte man nach 1/2 Stunde die Partnerstadt Gatschina. Im Ho­tel wurde der erste Eindruck von der russi­schen Gastfreundschaft gewonnen. Das Programm für die folgenden Tage wurde überreicht und enthielt alle unsere Wün­sche. 
Am nächsten Tag wurde die Gruppe von einer Dolmetscherin und einer Reiseführe­rin zum Stadtrundgang mit Besuch des Schlosses und der Parkanlagen abgeholt. An diesem Tag gab es in der Fußgängerzo­ne insbesondere für Kinder viele Attraktio­nen und am Nachmittag fanden Umzüge und Darbietungen in historischer Kleidung statt. Den Abend verbrachten die Ettlinger in Familien. Mit dem Kleinbus ging es nach St. Peters­burg, wo das russische Museum und die Isaaks-Kathedrale besucht wurde. Nach der Rückfahrt waren alle wieder bei Famili­en zum Essen eingeladen. Die Gastfreund­schaft war beeindruckend. Der Tisch war reich gedeckt, Obst und Gemüse, was in den “Datschas” angepflanzt und geerntet worden war. Es gab Fleisch-Wurst- und Fischspezialitäten und zum Verdauen na­türlich Wodka. Dazu wurde musiziert, die Kommunikation war unproblematisch, meistens war in den Großfamilien mindes­tens ein Deutsch sprechender Gastgeber dabei.
Der nächste Programmpunkt war eine or­thodoxe Kirche, wo man über die Hilfsbe­reitschaft der lokalen Bewohner informiert wurde, die selbst den Bau und die Erweite­rung des Gebäudes durchführten. An­schließend erreichte die Gruppe Siverska- ja, eine kleine Gemeinde im Gatschina-Ge- biet, und besuchte 2 Kinderheime von Wai­sen bzw. lernbehinderten Kindern. Es war beeindruckend, mit welchem Engagement die dortige Rektorin zusammen mit ihren Lehrerinnen die anstehenden Probleme zu lösen versucht. Die Ettlinger konnten ver­schiedene Unterrichtsmethoden kennen lernen, das liebevoll eingerichtete Museum und den Wintergarten besuchen und die Kinder beim Schreiben, Sport und Werk­unterricht besuchen.
Nach der Rückfahrt ging es in eine Bilder­ausstellung von Künstlern aus Gatschina. Um 18 Uhr wurden in der Musikschule die Tage der deutschen Kultur festlich eröffnet. Nachdem die ersten 3 Tage sonnig, aber relativ kalt (+2°) waren, fuhr man bei Re­gen mit dem Bus nach Puschkin. Dieser Ort ist sehr gut von Gatschina aus zu errei­chen. Beeindruckt waren alle von dem zwi­schen 1751-1756 von Rastrelli umgebau­ten, märchenhaften Katharinen- und dem Alexander-Palast, spazierten durch die Parks. Bis 1817 ging Alexander Puschkin hier zur Schule, seinen Namen erhielt die Stadt zum 100. Todestag des Dichters 1937. Am Spätnachmittag fuhr man wie­der bei Sonnenschein zurück nach Gat­schina, um die Bibliothek, in der viele Bü­cher deutscher Literaturschaffender zu fin­den sind, zu besuchen. Anschließend ging es in ein Konzert. Der Bariton Vladimir Vjurov, mit Klavierbegleitung begeisterte mit seinen Liedern.
Am nächsten Vormittag ging es nach Paw­lowsk. Der Palast und Park gehören zu den vollendetsten Werken in der russischen Ar­chitektur und Gartenbaukunst. Hier bot sich auch die Gelegenheit, ein Kinderheim für Schwerstbehinderte zu besuchen. Am Abend fand in einem Café ein Treffen mit der RDG statt. Hier spielte eine Kapelle und bei Musik, Gesang und Tanz kam man sich näher. Der ehemalige Vorsitzende, Herr Protschenko, war anwesend und der Vor­sitzende Maiertrug mit seiner hervorragen­den Tenorstimme zum Gelingen des Abends bei. Es gab eine Reihe Möglichkei­ten, Wünsche und Anregungen für die wei­tere Zusammenarbeit mit Personen, Grup­pen und Schulen auszutauschen.
Am folgenden Tag wurde der 100 km nordöstlich von Gatschina gelegene, größ­te deutsche Soldatenfriedhof in Osteuropa, der im Jahre 2000 eingeweiht wurde, be­sucht. Dieser befindet sich beim Dorf Solo- gubovka. Eine orthodoxe Kirche, die wäh­rend der 900 Tage anhaltenden Belage­rung Leningrads (St. Petersburg) der deut­schen Wehrmacht als Krankenhaus diente, wird derzeit instand gesetzt.
Am Abend sahen die Ettlinger das Ballett “Schwanensee” im St. Petersburger Mu­siktheater.
Auch am nächsten Tag ging es nach St. Petersburg. Es stand der Besuch des Win­terpalastes und der Eremitage-Gebäude auf dem Programm, am Spätnachmittag ein Jazzkonzert im Jugendzentrum von Gatschina. Am Abend wurde im Sport­zentrum von Gatschina ein typisch, russi­scher Saunabesuch gemeinsam mit den russischen Freunden erlebt, in einem Ne­benraum war für das leibliche Wohl ge­sorgt.
Am Sonntag durfte man einem orthodoxen Gottesdienst beiwohnen und danach gab es einen herrlichen Blick von der Pokrowski Kirche auf die Stadt. Am Nachmittag waren alle zum festlichen Abschluss der Tage der deutschen Kultur eingeladen. Ein breites Spektrum an künstlerischen Darbietungen wurde geboten: Vom örtlichen Zirkus zeig­ten 3 Mädchen artistische Einlagen, ein Tanzpaar beherrschte klassische Tänze ebenso wie moderne Einlagen, Solistinnen auf verschiedenen Instrumenten und Chö­re demonstrierten ihr Talent. Ein Jazzchor, der Chor “April” und der Chor “Harmonie” unter Leitung von Frau Roganowa beein­druckten.
Montag, 30.9.: Tief bewegt von den Erleb­nissen flogen die Ettlinger nach Frankfurt zurück. Zum Abschluss des Besuches for­mulierten beide Seiten den Wunsch, deut­sche Kulturtage auch in den kommenden Jahren zu veranstalten. Insbesondere von russischer Seite wurden Wünsche geäu­ßert, die Beziehungen zu festigen und zu erweitern. Die vorhandenen Schulkontakte sollten ausgebaut und neue geschaffen werden. Gemeinsame Veranstaltungen von Jugendlichen können in Gatschina und Umgebung arrangiert werden. Beeindru­ckend ist die Bereitschaft, die deutsche Sprache zu erlernen, in englischer Sprache kann insbesondere mit Jugendlichen in Russland mühelos kommuniziert werden. Es wurde auf die Hilfe der Bürger Ettlingens und Umgebung sowie der Stadt Ettlingen in den vergangenen 10 Jahren hingewie­sen. Ein Krankenwagen aus Ettlingen be­gegnete “unserem” Kleinbus (der noch die Aufschrift VW-Stoppanski trägt).
Übrigens: St. Petersburg veranstaltet nächstes Jahr seine 300-Jahr-Feier, dazu gibt es einige interessante Angebote von Reiseveranstaltern, die Stadt zu besuchen. Auch vom Volksbund Deutscher Kriegs­gräberfürsorge gibt es regelmäßig Fahrten nach St. Petersburg, um den Friedhof Sologubovka zu besuchen.
Die offiziellen Feierlichkeiten der Stadt Ett­lingen zum 10-jährigen Bestehen der Städ­tepartnerschaft beginnen am Freitag, 18. Oktober, mit einer Ausstellung in der Stadt­halle. Sie zeigt Bilder, die der deutsche Ma­ler Jürgen Bertelsmann in der Umgebung von Gatschina während seines Kriegsein­satzes (gefallen 5/1942) gemalt und gezeichnet hat.