Zur Partnerschaftsunterzeichnung vor 20 Jahren

Am 12. Juni 1992 unterzeichneten in Gatschina Oberbürgermeister Offele und die Mitglieder des Ältestenrats der Stadt Ettlingen den Vertrag über die Partnerschaft beider Gemeinden. Daraus wurde eine Erfolgsgeschichte: Zahlreiche persönliche Beziehungen und Freundschaften entstanden, Vereine tauschten Delegationen aus, Hilfsgüter wurden gespendet und transportiert, Schulen und Kultureinrichtungen traten miteinander in Verbindung, etc., etc. – die Partnerschaft lebt!

Unter allen unseren Partnerstädten ist Gatschina wegen zwei „Alleinstellungsmerkmalen“ von besonderem Interesse:

  • Als Zarenresidenz wurde von dort aus zeitweilig ein Weltreich regiert und Kunstschätze angehäuft.
  • Als direkter Nachbar und Satellitenstadt der Weltmetropole St. Petersburg dient sie uns als Sprungbrett und Ausgangspunkt zum Besuch einer der schönsten Städte der Welt, dem „Venedig des Nordens“.

Katharina II. (die Große) schenkte 1765 Gut und Siedlung Gatschina ihrem Favoriten Orlow, der ihr durch Beseitigung ihres Ehemannes Zar Peter III., mit zum Thron verholten hatte. Orlow ließ dort ein Lustschloss als gemeinsames „Liebesnest“ erbauen.

Dabei wurde ein romantischer Landschaftspark angelegt, malerisch gestaltet mit einer Kette von Seen, phantasiereich gewundenen Ufern, zahlreichen Inseln und Brücken, Obelisken Toren Pavillons und anderen originellen Gartenanlagen und Tiergehegen. Das Ganze geht über in ein riesiges Jagd- und Waldgebiet.

Nach Orlows Tod übereignete Katharina II. 1783 das Ensemble ihrem Sohn dem Kronprinzen Paul, um ihn vom intrigenreichen Hof in St. Petersburg fernzuhalten, aber nahe genug, um ihn im Auge zu behalten.

Als Paul I. dann selbst Zar wurde, machte er 1796 die Siedlung Gatschina zur Stadt und ließ das ganze Ensemble: Schloss, Park und Stadt als Lieblingsresidenz großartig ausbauen und verschönern. Weitreichende Stadtentwicklungspläne wurden geschmiedet! Und als Paul I. zum Schirmherrn und Großmeister des Malteserordens erwählt wurde, ließ er 1798 das höchst bemerkenswerte Prioratsschlösschen in Lehmziegelbauweise am Seeufer errichten.

Doch schon 1801, nach nur 5 Jahren Herrschaft, wurde Paul durch eine Verschwörung engster Vertrauter in St. Petersburg nachts im Bett erdrosselt. Der britische Geheimdienst soll dabei beteiligt gewesen sein.

Damit hatte Gatschina seinen größten Gönner verloren!

Doch es blieb einer der größten „Perlen im Halsband der Sommerschlösser um St. Petersburg“ und ein bevorzugter Aufenthaltsort der Zarenfamilie.

Ab 1881 machte Zar Alexander III. Schloss Gatschina nochmals zu seiner Hauptresidenz. Und der letzte Zar, Nikolaus II. verbrachte hier seine Kindheit.

Als 1854 die erste Eisenbahnlinie nach St. Petersburg fertiggestellt war (Gatschina wurde Knotenpunkt), bedeutete dies für die Stadt einen gewaltigen Entwicklungsschub. Bekannte Künstler und wohlhabende Bürger bauten nun hier originelle Wohn- und Sommerhäuser. Doch in den unruhigen Zeiten nach dem 1. Weltkrieg, der Oktoberrevolution und der Belagerung Leningrads im letzten Kriege wurden viele schöne alte Gebäude zerstört oder umgebaut. Das Schloss beim Rückzug der Deutschen Wehrmacht sinnlos in Brand gesteckt. Das heutige Gatschina ist in „moderner“ Bauweise“ breit angelegt. Doch um das historische Stadtbild zu bewahren, blieben die niedrigen Gebäude im Stadtkern erhalten. Hauptattraktionen aber sind nach wie vor das prächtig ausgestattete Schloss und die romantisch verwunschene Parklandschaft.

Paul Haase

Amtsblatt Ettlingen, 12.01.2017
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